· 

Kap.6/ tiefer Prozeß in der Reha

Was man als Frau in eine psychosomatische Reha nicht mitzunehmen braucht, ist Make up, Lidschatten, Wimperntusche (ganz schlechte Idee) u.ä., denn die Tränen fließen.

Ausschlaggebend ist dabei: ich lasse mich auf den Prozess ein. Du kannst auch ohne irgendeine Veränderung 5 Wochen "absitzen" und dann mit Schuldzuweisungen wie "hat überhaupt nichts gebracht!", Dir Dein Weltbild korrigieren.

Oder Du bist bereit hinzuschauen, Dich anzuschauen, Dich zu spüren und EHRLICH mit Dir und Deinem Umfeld zu sein. Dazu war ich bereit, denn ich spürte, dass das der einzige Weg aus der Misere sein wird.

Ich hatte wiederum das Glück, einen tollen Gruppentherapeuten zu haben, nämlich den Chefarzt der psychosomatischen Klinik.

So konnte ich am Ende in der Abschiedsrunde folgendes Resumée von mir vorlesen:

 

"Ich kann von mir sagen: ich habe die Zeit hier für mich genutzt.

Ich habe

sehr viel geweint

viel geschlafen

viel gegessen

viel bewegt

viel geredet

viel Trauer empfunden

viel nachgedacht

viel erinnert

und Ratlosigkeit zugelassen.

Ich habe alles vor mich hingelegt und auf einmal ergab alles einen Sinn.

 

Ich habe soviel Freundlichkeit und Zuwendung erfahren, wunderbare Menschen kennengelernt, meine Kreativität wieder belebt und neu erfahren, Karten gespielt, Gemeinschaft erlebt und endlich - nach so langer Zeit - endlich wieder aus vollem Hals gelacht!

Ich habe erlebt, wie völlig verkrampfte, verspannte, mißmutige, angenervte Menschen, sich durch diese Freundlichkeit und Zuwendung, durch Schlaf, regelmäßiges Essen, Bewegung, Ruhe und die Gespräche in den Gruppen, verwandelt haben.

Sie haben sich aufgerichtet, die Augen bekamen Glanz, die Worte wurden freundlicher und die ganze Person offener.

Das zeigt mir, welchen Prozeß ich durchlaufen habe; ich habe wieder Kraft aufgebaut - auf allen Ebenen - und spüre, dass das Ganze noch fragil ist und meiner Pflege bedarf. Ich habe wieder Zuversicht für das, was da Neues auf mich zukommen mag.

 

Ich habe meine Würde wiedergefunden und mein Licht."

 

Weiterlesen